Campusgrün schließt sich der breiten gesellschaftlichen Kritik zur geplanten Ersetzung des Schulfaches Sozialwissenschaften durch Wirtschaft/Politik in NRW an.
Campusgrün schließt sich der breiten gesellschaftlichen Kritik am Entwurf zur Änderung der Landeslehramtszugangsverordnung der Landesregierung NRW an, welche durch Änderung der Ausbildung einen weiteren Schritt zur Abschaffung des Schulfaches "Sozialwissenschaften" hin zu "Wirtschaft/Politik" vorsieht. Wir kritisieren auch bereits erfolgte Schritte wie die Einführung des neuen Faches mit Beginn des Schuljahres 2019/20 in der Sekundarstufe I und fordern deren Rückänderung.
Beim Fach Sozialwissenschaften werden den Schüler*innen politische, soziologische und wirtschafliche Sachverhalte näher gebracht. Durch die interdisziplinäre Zusammenlegung der sozialwissenschaftlichen Fachgebiete wird es den Schüler*innen ermöglicht, komplexe gesellschaftliche Probleme zu verstehen und angemessen zu beurteilen. Zudem ermöglicht es den Schüler*innen eine Entwicklung allgemeiner politischer Mündigkeit und vertieft das Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext. Das Fach zielt insofern darauf ab, komplexe gesellschaftliche Strukturen zu erfassen und in der notwendigen Breite darzustellen.
Die nun von der Landesregierung in NRW geplante Verknappung des Blickwinkels auf "Wirtschaft/Politik" ist ein ideologischer Ansatz, um kapitalistische Verwertungslogik getrennt von gesellschaftlichen Themen zu behandeln. Der Versuch, das Wirtschaftssystem und seine Funktionen und Folgen aus der Gesellschaft zu abstrahieren ist aber zum Scheitern verurteilt, weil wichtige Aspekte und Zusammenhänge zwangsläufig unter den Tisch fallen.
Die Landesregierung scheint der Logik zu folgen, dass eine wirtschaftspolitische Ausbildung ausreicht, um gesellschaftliche Prozesse zu verstehen. Dabei wäre es gerade heute, wo FakeNews, Verschwörungstheorien, Antisemitismus und institutioneller Rechtsextremismus en vogue sind wichtig, poltische Bildung weiter zu fokussieren und den Schüler*innen durch Instrumente der politischen Soziologie Kenntnisse über Bedingungs- und Wirkungszusammenhänge in Politik und Gesellschaft zu vermitteln. Alleine durch ein Verständnis des Wirtschaftssystems werden weder die bedrohlichen gesellschaftlichen Tendenzen erklärt, noch vermag das Bildungssystem diesen dann selbst gezielt entgegenzuwirken.
Zudem muss beachtet werden, dass die Umstellung des Faches Lehramtsstudierende der Sozialwissenschaften in eine ausgesprochen problematische Lage bringt: Sie würden mit späteren Studierenden, die nur noch das neue Fach Wirtschaft/Politik studieren in Konkurrenz gesetzt werden und wären dabei quasi zwangsläufig schlechter gestellt, da ihr eigentliches Fach nicht mehr existiert. Dies lässt befürchten, dass die inhaltlichen Anforderungen in hohem Maße auf wirtschaftliche Betrachtungen umgestellt werden - notwendig zu Lasten soziologischer Aspekte.
Daher fordern wir Studierende und Schüler*innen auf, die Petition "Das Fach Sozialwissenschaften darf nicht abgeschafft werden!" Zu unterstützen: www.change.org/p/bundesministerium-nrw-das-fach-sozialwissenschaften-darf-nicht-abgeschafft-werden-sowibleib
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